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Es ist nicht entscheidend, was man sagt, sondern wie man es sagt


Photo by Jessica Ruscello on Unsplash

Ein kleines Experiment zum Beginn

Laura ist 27 Jahre alt, studiert Politikwissenschaft und lebt mit einer Freundin in einer kleinen Wohnung in der Altstadt. Seit ihren jungen Jahren engagiert sie sich für den Umweltschutz und ist ein aktives Mitglied bei Green Peace. In ihrer Freizeit betätigt sie sich gerne kreativ oder treibt in der Natur Sport. Welche Aussage trifft eher auf sie zu?

  1. Um sich das Studium zu finanzieren, arbeitet Laura an der Kasse im Migros

  2. Um sich das Studium zu finanzieren, arbeitet Laura in einem «No-Waste»-Bioladen

Die Auflösung gibt es zum Schluss.


Die Macht der Sprache

Framing – zu Deutsch „einrahmen“ – bezeichnet den Prozess, bei dem ein Thema bewusst auf eine Weise konzeptualisiert, also von einer bestimmten Perspektive beleuchtet wird. Durch das Hervorbringen einiger und das Herunterspielen anderer Aspekte, wird die öffentliche Meinung gewissermassen modelliert. Ein oft zitiertes Beispiel der Studie von Sniderman und Theriault soll dies illustrieren: Ob das Auftreten von Hasspredigern an einer öffentlichen Veranstaltung unter dem Aspekt der Redefreiheit oder dem Risiko der Gewalt dargestellt wird, verzerrt die Akzeptanz in der Bevölkerung um rund 40%.


Die Kunst, den passenden Frame zu finden

Frames definieren ein spezifisches Problem, für welches mögliche Problemquellen eruiert werden. Nachdem die Problemursache identifiziert wurde, wird sie einem moralischen Urteil unterzogen und eine konkrete Lösung offeriert. So soll das rationale Denken von irrationalen Gefühlen überlagert werden. Tönt kompliziert? Ist es aber nicht. Wir alle benutzten sie und sind uns dessen nicht einmal bewusst. Zeigt meine Wage beispielsweise etwas zu viel an (Problem), so sehe ich die Ursache nicht etwa in den schmackhaften Keksen, die in unserer Gemeinschaftsküche stehen und den Raum mit einem süsslichen Duft erfüllen. Nein, ich sehe die Ursache in meinen schweren Knochen. Das moralische Urteil lautet dann nicht etwa „ich bin selber schuld“ sondern eher „dafür kann ich nichts“. So überzeuge ich mich und mein Umfeld davon, dass meine überflüssigen Pfunde naturgegeben sind - denn eine Lösung zu meinem Problem gibt es laut meinem Frame nicht.


Während ich mit meinem „schwere-Knochen-Frame“ lediglich mich selbst zu manipulieren versuche, werden sogenannte Policy-Frames in der Politik dazu gebraucht, die Meinung der Menschen zu formen, in eine gewisse Richtung zu beeinflussen und sie zum gewünschten Verhalten zu verführen.


Framing in der Schweiz

Durch die direktdemokratischen Instrumente der Schweiz können Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung kundtun und so über konkrete Sachpolitik bestimmen. Volksinitiativen bieten folglich die perfekte Gelegenheit, dem Volk ein persönliches Anliegen näher zu bringen.


Mithilfe der Policy-Frames versuchen politische Akteure und Parteien ein Politikum in ein bestimmtes Licht zu rücken, um dadurch Wähler zu mobilisieren oder die nötigen Wählerstimmen für ihre Politikvorlagen zu generieren. Emotional geführte Initiativen scheinen speziell von Framing betroffen zu sein. Angst macht die Bürger besonders empfänglich für politische Manipulation und öffnet so Türen für ausserordentliche Massnahmen. Vor allem kontrovers diskutierte Initiativen, wie etwa die von der SVP lancierten Masseneinwanderung- oder Ausschaffungsinitiativen, erregen die öffentlichen Gemüter und schaffen folglich Anreize zum Framing. Während die einen Immigration als Ursache für eine hohe Arbeitslosenquote sehen und einen Einwanderungsstopp als Lösung propagieren, sehen die anderen die Ursache in einem Bildungsdefizit und engagieren sich für wirksame Bildungsinvestitionen. Je nach Perspektive fällt so das moralische Urteil und die konkrete Lösung also anders aus.


Eine Botschaft framen - wie man sie richtig formuliert

Vor allem in der Kampagnenführung ist eine richtige Tonalität und Wortwahl von grösster Relevanz. Die Art und Weise, wie Inhalte vermittelt werden, kann über den Ausgang einer Kampagne entscheiden. Folgende drei Regeln gibt es zu beachten:

  1. In der Kürze liegt die Würze: In der Zeit des «24 Hours News Cycle», in der wir von Push-Nachrichten, Twitter-Foren und Facebook Inseraten bombardiert werden, bleibt uns nicht viel Zeit, um uns intensiv mit einem Thema zu befassen. Um die Leute dennoch abholen zu können, muss sich eine Botschaft auf das Wesentliche konzentrieren.

  2. Verständlichkeit: Eine der grössten Herausforderungen besteht darin, komplexe Sachverhalte für Laien verständlich zu machen. Dabei gilt es Fremdwörter zu vermeiden und wenn nötig auch auf Wortspiele zu verzichten. Vergessen sie nie, dass nicht alle über dieselbe Informationslage verfügen wie sie.

  3. Qualität statt Quantität: Auch wenn man dazu tendiert, alle Personen mit der Botschaft abholen zu wollen, ist es oft sinnvoller, sich auf eine spezifische Zielgruppe zu fokussieren und diese mit zielgruppengerechten Botschaften anzugehen. Mit der hohen Anzahl von Botschaften, mit der wir tagtäglich konfrontiert werden, nehmen wir lediglich jene war, die uns persönlich betreffen.


Die Auflösung: Laura, die Politologin, die im Bioladen arbeitet

Da Laura als junge Aktivistin sehr umweltbewusst lebt, will sie auch in ihrem beruflichen Leben etwas für ihren ökologischen Fussabdruck tun. Dass Laura in einem «No-Waste»-Bioladen arbeitet, passt in das Bild, welches uns vermittelt wurde. Die Antwort scheint klar - oder etwa doch nicht? Während Migros hierzulande rund 600 Filialen betreibt, gibt es bis heute lediglich 7 No-Waste Läden in der Schweiz. Statistisch gesehen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Laura in einer Migros-Filiale arbeitet also genau 85% höher, als dass sie in einem «No-Waste»-Laden arbeitet. Leiten lassen wir uns aber nur selten von Fakten, die wir kennen - viel öfters lassen wir uns von einem irrationalen und subjektiven Bedeutungsrahmen beirren.

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