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Was Campaigner von Mandelas siegreichem Kampf für Gleichberechtigung lernen können

Seine Beharrlichkeit zahlte sich nach fast einem halben Jahrhundert aus: 1994 wurde in Südafrika das Ende der Apartheid erklärt. Viele fragen sich: Wie schafft es ein einzelner Mann, eine ganze Nation zum Umdenken zu bewegen? Eine Analyse im Spektrum der Wissenschaft bietet darauf Antwort und erläutert, wie Menschen aus einer Minderheitenposition heraus eine Mehrheit von ihren Idealen überzeugen können. Eine Aufgabe, mit der sich auch Campaigner tagtäglich konfrontiert sehen. Welche Parallelen zwischen den Strategischen Campaigning Grundsätzen (SCG) und Mandelas Strategie bestehen, zeigt folgender Beitrag.


Strategischer Campaigning Grundsatz Nr. 1: Polarisieren, profilieren, positionieren

Wir Menschen sind Herdentiere. Mit der eigenen Meinung gegen den Strom zu schwimmen, ist nicht immer leicht, denn es erfordert oft viel Mut, sich dem Diktat der Gruppe zu widersetzen. Aus Angst, verspottet oder ausgeschlossen zu werden, ziehen es deshalb viele vor, ihre Ansichten zu verschweigen. In der Psychologie ist dieses Phänomen auch als «Compliance Bias» bekannt, ein Begriff, der Solomon Aesch in den 1950er Jahre etablierte. In seinem Experiment wurden Probanden aufgefordert, zu beurteilen, welche von zwei ihnen vorgeführten Linien kürzer ist. Gleichzeitig plädierte eine Mehrheit eingeweihter Personen im selben Raum absichtlich dafür, dass die in Wahrheit kürzere Linie die längere sei. Die meisten Versuchspersonen bevorzugten es, sich der Mehrheitsmeinung anzuschliessen und ihr eigenes Urteil nicht kundzutun, obwohl die Mehrheit offensichtlich falsch lag.


Wie können sich Minderheiten also dennoch durchsetzen? Der Vorteil einer Minderheitsmeinung ergibt sich aus ihrer Schwäche: Ungewöhnliche Argumente sind interessant und sorgen für Aufmerksamkeit. Nicht ohne Grund rät der erste SCG, sich mit der eigenen Philosophie unverwechselbar zu positionieren und zu polarisieren. Denn eine einzigartige, elektrisierende und originellen Vision erzeugt die nötige Aufmerksamkeit, die es braucht, seiner Meinung Gehör zu verschaffen.


Diese Vision darf aber laut der Analyse von Spektrum der Wissenschaft nicht bedrohlich erscheinen. Nur indem man das Gegenüber frei entscheiden lässt, schafft man es, neue Mitstreiter auf seine Seite zu ziehen. Zwingt man anderen seine Meinung auf, ruft das oftmals eine Gegenreaktion hervor. Studien bestätigen zudem, dass abweichende Meinungen gruppeninterner Mitgliedern besser empfangen werden als von externen Personen. Dessen war sich auch Mandela bewusst. Deshalb rief er die Bevölkerung dazu auf, sich unter einer Flagge zu vereinen und schuf eine gemeinsame Identität, mit der sich sowohl Weisse wie auch Schwarze identifizieren konnten. Mandelas Botschaft verlor so an Bedrohlichkeit.


Ähnlich sieht es mit Kampagnen aus. Gemäss dem SCG Nr. 1 muss durch den Bezug auf subjektiv empfundene Missstände ein «Wir-Gefühl» geschaffen werden.


Strategischer Campaigning Grundsatz Nr. 6: Hartnäckigkeit und Beharrlichkeit in der Strategieverfolgung

Mandelas Kampf für Gerechtigkeit dauerte Jahrzehnte lang. Ein radikales Umdenken braucht Zeit und viel Geduld. Normalerweise entwickelt sich der Einfluss einer Minderheitsmeinung daher eher schleichend, ein abrupter Meinungswandel gibt es selten. Der latente Einfluss darf jedoch nicht unterschätzt werden: Währenddem ein manifester Einfluss bewusst, beobachtbar und unmittelbar geschieht – etwa dann, wenn man den Fussgängerstreifen nicht bei Rot überquert, weil man einen Polizeiwagen gesichtet hat – sind latente Einflüsse nachhaltiger und tiefgreifender.

Umso wichtiger scheint es, auch manchmal vorübergehende oder anfängliche Verluste in Kauf zu nehmen, wenn daraus langfristig ein Vorteil entstehen kann. Bei Kampagnen müssen deshalb gemäss dem SCG Nr. 6 konkrete Massnahmen Schritt für Schritt von den langfristigen Zielen abgeleitet und die Strategie mit eiserner Disziplin und langfristiger Kontinuität umgesetzt werden.


Strategischer Campaigning Grundsatz Nr. 13: Erfolgsgrundsätze der Kommunikation

In einem Experiment wurden Probanden gebeten, die Farben von Dias zu beurteilen, die allesamt blau waren. In jeder Gruppe befanden sich zwei eingeweihte Personen, die stets behaupteten, grün anstatt blau zu sehen. Nach einiger Zeit liessen sich ein paar der Teilnehmenden überzeugen und bekundeten, Grün anstatt Blau zu sehen. Zeigten die Komplizen jedoch Zweifel an ihrer Wahrnehmung und wichen von ihrem Farburteil ab, verloren sie an Einfluss.

Während es sich eine Mehrheit erlauben kann, sich in Strömungen abzuspalten, ist es für eine Minderheit äusserst wichtig, einen gemeinsamen Standpunkt zu vertreten und beständig zu bleiben. Mandela wusste das und lehnte ein Angebot seitens der weissen Bevölkerung ab und verzichtete nach über 20 Jahren Gefängnis auf seine Freilassung. Um nicht an Glaubwürdigkeit zu verlieren, müssen auch bei Kampagnen inhaltlich Widersprüche vermieden und nötigenfalls ältere Nachrichten und Botschaften auf Unregelmässigkeiten kontrolliert werden. Gemäss dem SCG Nr. 13 ist es deshalb zentral, die Argumente ständig zu wiederholen. Dies zeugt von Verlässlichkeit und Disziplin und steigert die Chancen, eine Mehrheit von der eigenen Meinung zu überzeugen. Entsprechend warnt der SCG Nr. 6 auch vor einem strategischen Zick-Zack-Kurs und rät, das eigentliche Ziel nie aus den Augen zu verlieren.


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